MIRIAM WAHL: PASS AUF DEN MOND AUF

NACHLEUCHTEN
NOVEMBER 2022

PROFIL | PASSAGES | STEINE

Der Abschluss von .KUNST.LABOR.STADT.PLATZ widmet sich dem künstlerischen Lichtspiel und dem bunten Nachleuchten. Dies nimmt die Künstlerin Miriam Wahl zum Anlass, ihre Malereien an den Fenstern um den Rudolphsplatz mit subtilen Eingriffen nach und nach unsichtbar werden zu lassen. Ihre Arbeit startet Anfang November 2022 bei Vollmond über Marburg. Unter dem Titel PASS AUF DEN MOND AUF nimmt sie entlang der astronomischen Prozesse des abnehmenden Mondes mehr und mehr von der Farbe ab: „Gestern war Vollmond. Ich werde nun jeden Tag bis zum Neumond ein Stück mehr von dieser weißen Scheibe abtragen, sodass man die Phasen des Mondes daran mitverfolgen kann.“

Statement von Miriam Wahl zu ihrer Arbeit PASS AUF DEN MOND AUF:

„Manchmal empfinde ich das Bedürfnis, etwas das mir sehr gefällt nachzuschaffen, auf eine Weise die sich kaum beschreiben lässt. Eine Landschaft, ein schönes Gesicht, den Mond, … Ich möchte in dessen Formen und Gesten eintauchen, es inwendig erfühlen, es in gewisser Weise selbst werden. Warum? Vielleicht um es ganz zu kennen, um Anteil daran zu haben?
Hier schaffe ich den Mond so nach, dass er zwar flächig ist, aber doch physisch formbar, wie man es in der Bildhauerei tun würde, indem etwas von aussen nach innen abgetragen wird. Diese Mischung aus Malerischem und Skulpturalem, gepaart mit dem mit den Rhythmen der Natur verbundenen Vollzug in der Zeit kommt dieser Sehnsucht ein wenig nahe. Ich trete in ein Verhältnis zum Mond.
Das scheint mir wichtig heute, dass wir die Dinge, besonders die Natur, nicht nur zweckmäßig und dinghaft anschauen, sondern in eine Beziehung zu ihnen treten. Sie brauchen uns Menschen, wir müssen auf sie aufpassen. Den Mond auf einer Glasscheibe zu begleiten mag eine geringfügige Tat sein in Hinblick auf die Krisen unserer Zeit. Doch es kommt mir auf die Haltung an. Die Natur braucht den Menschen auf eine Art, die der Naturzerstörung nicht nur Naturschutz entgegensetzt, sondern ein wirklich inniges, beziehungshaftes Verhältnis zu ihr kultiviert. Ein Garten der von den Menschen, die ihn pflegen und beleben geliebt wird, ist ein schönerer Garten als einer der nach perfekten wissenschaftlichen Standards unterhalten wird. Zu dem sachlich-dinglichen Verhältnis zur Welt sollte ein intim-innerliches Verhältnis hinzutreten.“

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miriam-wahl.de

BEITRAGSBILD: Miriam Wahl